Fachinformationen
M. Huppmann, W. Schreiber, G. Moder, B. Fugger, G. Kapfhammer, L. Stiebellehner
Aus dem Arbeitskreis für schlafassoziierte Atemstörungen der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP)
Einleitung
Schlafassoziierte Atemstörungen stellen aufgrund ihren hohen Prävalenz und den mit dieser Erkrankung verbundenen Auswirkungen auf gesundheitliche, soziale und ökonomische Faktoren sowohl für den betroffenen Patienten als auch für das gesamte Gesundheitss ystem ein beträchtliches Problem dar. T. Young et al berichtete bereits 1993 für über 40-Jährige eine Prävalenz obstruktiver Schlafapnoe (definiert durch einen Apnoe/Hypopnoe-Index - AHI - von mehr als 5/Stunde) von 24 % für Männer und 9 % für Frauen. Di e Prävalenz einer höhergradigen schlafassoziierten Atemstörung mit einem AHI von zumindest 15/h betrug für über 40-Jährige bei Männern 9,1 % und bei Frauen 4,0 % . In einer rezenten Zusammenfassung epidemiologischer Daten dreier großen Studien von insge samt über 2700 untersuchten Personen betrug die Prävalenz für die Gruppe mit einem AHI > 15 /h bei Männern 7 - 14 %, bei Frauen 2 - 7 % . Die Prävalenz jener Patienten mit einem AHI > 15/Stunde und gleichzeitig bestehender Tagesmüdigkeit beträgt etwa 5% der erwachsenen Bevölkerung (> 40 Jahre).
Schlafassoziierte Atemstörungen - insbesondere deren häufigste Form, die obstruktive Schlafapnoe - führen zu teils dramatischen pathophysiologischen Abläufen, die nachts für den Patienten meist unbemerkt ablaufen. Neben der vom Patienten nicht selten bag atellisierten Tagesmüdigkeit, intellektuellem Leistungsverlust und hoher Unfallgefährdung sind unbehandelte schlafassoziierte Atemstörungen klar mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität assoziiert . Die obstruktive Schlafapnoe stellt demnac h einen unabhängigen, durch Therapie beeinflussbaren kardiovaskulären Risikofaktor dar . Es besteht international Einigkeit, dass insbesondere ein symptomatisches Schlafapnoe-Syndrom rasch erkannt und behandelt werden sollte.
Die Abklärung und Therapie dieser Erkrankungen sind - sowohl im niedergelassenen als auch im stationären Bereich - mit beträchtlichem zeitlichen, personellen und apparativen Aufwand verbunden. Die American Thoracic Society und die American Sleep Society verwendet ein 4-stufiges Konzept (Stufe 1 und 2: überwachte und nicht überwachte Polysomnographie, Stufe 3: nicht überwachte ambulante und stationäre Polygraphie und Stufe 4: 1-oder 2-Kanal-Monitoring) . In ähnlicher Weise schlägt der Arbeitskreis folge nde Einteilung von Gerätesystemen zur apparativen Diagnostik schlafassoziierter Atemstörungen vor:
1) Das einfache Schlafapnoe-Screening (entsprechend Stufe 4 der ATS): Geräte ohne Apnoeklassifizierung und Rohdatenanalyse, die eine gewisse Vorselektion, jedoch keine Differentialdiagnostik erlauben Die Anwendung derartiger Geräte wird daher nicht e mpfohlen und hat ihre Bedeutung in der Diagnostik schlafassoziierter Atemstörungen weitgehend eingebüßt.
2) Die ambulante Polygraphie (entsprechend Stufe 3 der ATS), die eine umfassende Aufzeichnung von zumindest 6 verschiedenen cardiorespiratorischen Biosignalen während der Schlafzeit ermöglicht (siehe Tabelle 1). Insbesondere die ambulante Polygraphie kan n zu einer optimierten Verwendung gesundheitsökonomischer Ressourcen führen .
3) Die Polysomnographie im Schlaflabor (entsprechend Stufe 1 der ATS), welche die Differentialdiagnostik und das Monitoring einer Beatmungseinstellung schlafassoziierter Atemstörungen 12 27 28 erlaubt. Die Bedeutung der Polysomnographie als diagnostische r Goldstandard ist nach wie vor unbestritten .
Positionierung der ambulanten Polygraphie in der Abklärung schlafassoziierter Atemstörungen
In der Literatur behandeln bislang vergleichsweise wenige Untersuchungen die Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine schlafassoziierte Atemstörung mittels ambulanter Polygraphie nachgewiesen oder ausgeschlossen werden kann. Zu beachten ist, dass unter dem englischen Begriff "portable monitoring" auch sehr einfache Screening-Geräte und Langzeitoxymetrie subsumiert werden. Im Folgenden werden daher nur Studien herangezogen, in denen höherwertige Mehrkanal-Polygraphiegeräte mit umfassender respiratoris cher Aufzeichnung verwendet wurden.
2003 publizierten die American Academy of Sleep Medicine, das American College of Chest Physicians und die American Thoracic Society gemeinsam eine Übersicht über die Wertigkeit der ambulanten Polygraphie 9. 12 Studien mit mobilen Geräten, die zumindest 4 Biosignale aufzeichnen, wurden gegenübergestellt. Demnach konnte die ambulante Polygraphie die Wahrscheinlichkeit einer Schlafapnoe bei einem wesentlichen Teil der negativen Probanden korrekt verneinen (hohe Spezifität). Es konnte allerdings keine klar e Empfehlung ausgesprochen werden, ob die ambulante Polygraphie die Wahrscheinlichkeit eines AHI unter oder über 15 sicher beschreiben kann. Limitierende Faktoren in dieser Zusammenfassung waren die teils geringe Patientenzahl in einigen Studien, erhebli che Unterschiede der Aufzeichnungssysteme in Qualität und Sensorentechnik und einander widersprechende Ergebnisse der Einzelarbeiten. In einer Übersichtsarbeit kommt Littner 2005 anhand der vorliegenden Evidenz zu dem Schluss, dass eine positive ambulante Polygraphie bei einem Patienten mit klinischen Zeichen eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms einen hohen Grad an Spezifität und Vo raussagekraft hat .. Dies unter der Voraussetzung, dass die ambulante Polygraphie "richtig" durchgeführt wurde, d.h. Mindeststandards der Qualitätssicherung erfüllt worden sind. Eine negative ambulante Polygraphie bei positiver Anamnese sollte mit einer überwachten Polysomnographie nachuntersucht werden. Eine kürzlich publizierte Untersuchung an 90 Patienten, deren Studiendesign weitgehend dem derzeit in Österreich praktizierten Vorgehen entspricht, zeigte eine sehr gute Übereinstimmung zwischen ambulanter Polygraphie und Polysomnographie . Ein AHI von über 15/Stunde konnte mit einer Sensitivität von 94 % erfasst werden. Insgesamt ist mittlerweile ein gewisser Wandel der Ansicht festzustellen, dass ausschließlich mittels Polysomnographie Differentialdiagnostik möglich sei . Es besteht auch eine zunehmende wissenschaftliche Diskussion über den Stellenwert polygraphisch er Untersuchungen Insbesondere scheint in bestimmten, unkomplizierten Fällen bereits mit portablen Polygraphiesystemen eine Diagnose und Therapieindikation gestellt werden zu können17 . Moderne Polygraphiesysteme sind zudem zur effizienten Verlaufskon trolle CPAP- oder BiPAP-beatmeter Patienten geeignet. Empfehlungen zur Stufendiagnostik
Der Zugang zu Schlaflabors ist in Österreich oft mit hohen Wartezeiten verbunden. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung hat zudem keine Schlaflaborinfrastruktur in vertretbarer Nähe. Die Polysomnographie im Schlaflabor ist weiters mit hohen Kosten verbund en. Hieraus ergibt sich der Bedarf einer ambulanten apparativen Diagnostik, die zu einer effektiveren Nutzung der vorhandenen Ressourcen beiträgt.
Die genaue Kenntnis der apparativen und methodischen Grenzen der ambulanten Polygraphie muss durch eine eingehende Schulung sichergestellt werden. Im Unterschied zur stationären Polysomnographie wird kein EEG aufgezeichnet - unter anderem ist damit eine Objektivierung, ob und wie lange der Patient geschlafen hat, nicht möglich. Dies hat eine wichtige Implikation für die Beurteilung der Polygraphie: der Untersucher muß sich der Möglichkeit bewusst sein, den Schweregrad einer schlafassoziierten Atemstör ung zu unterschätzen.
Unter diesen Voraussetzungen sollte die ambulante Polygraphie einen zentralen Bestandteil in der Abklärung eines Patienten mit Verdacht auf schlafassoziierte Atemstörung darstellen.
Prinzipiell hat zuerst - neben der Berücksichtigung schlafmedizinischer Aspekte in der Anamnese - eine lungenfachärztliche Basisuntersuchung zur Differentialdiagnostik anderer Lungenerkrankungen mit nächtlicher Manifestation (z.B. Asthma bronchiale oder COPD) zu erfolgen. Ein Fragebogen zur klinischen Abschätzung von Tagesmüdigkeit muß zudem erhoben werden, empfohlen wird die Epworth-Schläfrigkeitsskala ., Dieser ist validiert und der weltweit am häufigsten verwendete Test zur Erfassung der subj ektiven Tagesmüdigkeit
Tabelle 1: Indikationen zur Polygraphie:
1.) Rhonchopathie mit: - beobachteten Atemunregelmäßigkeiten und/oder Atempausen
- pathologischer Tagesmüdigkeit (mittels Fragebogen dokumentiert)
- Hypertonie und/oder cardiovasculären Erkrankungen
- Häufung nächtlicher rhythmologischer Ereignisse (24 Std.-EKG)
- nächtlich ("non-dipper") oder morgens erhöhter Blutdruck (im 24-Stunden-Blutdruck-Profil)
- morgendlichem Clusterkopfschmerz
- intellektuellem Leistungsabfall
- anamnestisch Schnarchen vor dem 40.ten Lebensjahr
- schlafapnoesuspektem morphologischen (HNO)-Befund
2.) Tagesmüdigkeit: - bei fehlender Kenntnis einer Rhonchopathie (alleinstehender Patient)
- bei Fehlen von arterieller Hypotonie, organischer, metabolischer und neurologischer Ursache
3.) Obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung mit Verdacht auf nächtliche alveoläre Hypoventilation und Entsättigungen
4.) Neuromuskuläre Erkrankungen mit Verdacht auf schlafassoziierte alveoläre Hypoventilation und/oder O2-Desaturationen
5.) Neurologische oder cardiovasculäre Erkrankungen mit Verdacht auf zentrale Schlafapnoe/hypopnoe oder periodische (Cheyne-Stoke-sche) Atmung
6.) Präoperative Risikoabschätzung für Eingriffe in Allgemeinanästhesie bei Verdacht auf schlafassoziierte Atemstörung
Die weiteren diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sind in Synopsis von ambulantem Polygraphieergebnis und klinischem Bild zu treffen:
1. Ambulanter Polygraphiebefund ohne Notwendigkeit einer weiterführenden Polysomnographie im Schlaflabor: Ergibt die ambulante Polygraphie einen unauffälligen Befund und lässt sich mittels Fragebogen keine Tagesmüdigkeit erheben, ist eine weiterführende Diagnostik im Schlaflabor nicht erforderlich. Bei entsprechenden Risikofaktoren (z.B. Adipositas) sind präventive Maßnahmen durchzuführen. Zur Behandlung des unkomplzierten habituellen Schnarchens kann erforderlichenfalls die Überweisung an eine andere Fachdisziplin (insbesondere HNO-Facharzt) erfolgen.
2. Ambulanter Polygraphiebefund mit zwingender Notwendigkeit zur Überweisung ins Schlaflabor: Bei unauffälliger ambulanter Polygraphie und bestehender Tagesmüdigkeit, oder in Fällen, in denen die Symptome des Patienten durch die Polygraphie nicht erklärb ar sind, muss eine weiterführende Polysomnographie angeschlossen werden. Ebenso ist bei pathologischem Ergebnis der ambulanten Polygraphie eine Polysomnographie anzuschließen. Die wissenschaftliche Evidenz einer Beatmungseinstellung nur aufgrund einer pa thologischen ambulanten Polygraphie, ohne Bestätigung durch eine diagnostische Polysomnographie, ist derzeit nicht gegeben. In begründeten Einzelfällen kann die direkte Zuweisung zur Beatmungseinstellung vertretbar sein. Voraussetzungen hiefür sind: kli nische Evidenz der Diagnose (hochpathologischer RDI, in der manuellen Rohdatenanalyse Dominanz eindeutig obstruktiver Apnoen, pathologische Tagesmüdigkeit), fehlende assoziierte Erkrankungen und unzureichende Verfügbarkeit diagnostischer
Polysomno graphieeinrichtungen
3. Polygraphiebefund mit nicht dringender Indikation zur weiteren Abklärung im Schlaflabor: Ergeben lungenfachärztliche Untersuchung und ambulante Polygraphie einen Befund, der eine Beatmungstherapie nicht dringend erforderlich scheinen lässt, ist eine weiterführende Polysomnographie empfehlenswert. Bei erfolgversprechenden Therapiealternativen zur CPAP-Behandlung sollten diese jedoch bereits unmittelbar an die ambulante Polygraphie angeschlossen werden. Hierzu zählen beispielsweise Körperlagetraining bei lageabhängiger obstruktiver Schlafapnoe, Gewichtsreduktion, evtl. auch Optimierung einer antiobstruktiven Therapie bei zusätzlichem Asthma bronchiale oder COPD. Bei gutem klinischen Therapieeffekt kann dieser mittels Polygraphie überprüft und dokume ntiert werden. Bei Persistenz der Symptome ist jedoch in jedem Fall eine Polysomnographie im Schlaflabor erforderlich.
Nach Einstellung auf eine Beatmungstherapie empfiehlt der Arbeitskreis die Nachkontrolle innerhalb von 3 Monaten mittels stationärer Polysomnographie. Danach kann die Effizienz der Beatmungseinstellung einmal jährlich mittels ambulanter Polygraphie beim niedergelassenen Pneumologen durchgeführt werden. Ist die Effizienz der Beatmungseinstellung fraglich, bestehen darauf hindeutende Beschwerden und/oder mangelnde Compliance, ist eine polysomnographische Kontrolluntersuchung anzustreben.
Der Arbeitskreis hält die Einstellung einer Beatmungstherapie mittels Polygraphie für wissenschaftlich nicht ausreichend begründet, besonders zur CPAP/Bi-PAP-Titration außerhalb des Schlaflabors liegen derzeit einzelne Berichte, jedoch noch keine evidenz basierten Empfehlungen vor.
Apparative Standards der ambulanten Polygraphie
Die ambulante Polygraphie ist eine Langzeitaufzeichnung von zumindest 6 Biosignalen während der Schlafzeit über zumindest 7 Stunden. Ambulant einsetzbare Polygraphie-Geräte sind kleine digitale Speichergeräte, die Auswertung der Daten erfolgt computerges tützt. Die Auswertung muss eine eindeutige Klassifizierung von Apnoen und Hypopnoen in obstruktive, zentrale und gemischte Ereignisse, sowie von Entsättigungen, Schnarchaktivität und Körperlage ermöglichen. Die Rohdaten müssen jederzeit abrufbar, die Ana lyse manuell korrigierbar sein. Die Bewertung der Aufzeichnung hat manuell zu erfolgen. Der Endbefund wird ausschließlich vom ausgebildeten Arzt erstellt.
Tabelle 2 :
Parameter der ambulanten Polygraphie:
- oronasaler Airflow
- Schnarchgeräusch
- Thoraxbewegung (Effort) und/oder Abdomenbewegung
- Sauerstoffsättigung
- Pulsfrequenz (optional EKG)
- Körperposition
- bei CPAP-/Bi-PAP-Kontrollen: Airflow , CPAP-/Bi-PAP - Druck
Um den bereits angeführten Unterschied zur stationären Polysomnographie hervorzuheben und Verwechslungen zu vermeiden, ist die Definition "AHI" (Apnoe-Hypopnoe-Index) der stationären Polysomnographie vorbehalten. Der AHI beschreibt die Anzahl der respira torischen Ereignisse pro Stunde Schlaf (wofür die gleichzeitige Aufzeichnung des Schlaf-EEG's unumgänglich ist). In der ambulanten Polygraphie hingegen ist die durchschnittliche Zahl der respiratorischen Ereignisse (Apnoe/Hypopnoen pro Stunde Aufzeichnun g) als RDI ("respiratory disturbance Index") zu bezeichnen. Nach visueller und manueller Überprüfung der Aufzeichnung durch den untersuchenden Arzt soll neben der graphischen Darstellung die Ausgabe folgender Parameter gewährleistet sein:
1. Aufzeichnungszeit
2. RDI, aufgetrennt in obstruktive, zentrale oder nicht klassifizierbare Ereignisse, RDI je Körperlage
3. Minimale O2-Sättigung, durchschnittliche Sättigung, Zeit mit Sättigung unter 90%, Entsättigungsindex
4. Durchschnittliche Puls/Herzfrequenz, minimale und maximale Puls/Herzfrequenz
5. Schnarchzeit bezogen auf die Aufzeichnungszeit und die Körperlage
6. Durchschnittlicher, minimaler und maximaler Beatmungsdruck
Im Endbefund sollten diese numerischen Parameter, der graphische Gesamtnachtausdruck, sowie ein repräsentativer Rohdatenausdruck relevanter Ereignisse (Fünf- oder Zehnminutenausdruck) angeführt sein und im Falle einer weiterführenden stationären Polysomn ographie dem Schlaflabor übermittelt werden. Der komplette Datensatz muss vom Untersucher archiviert werden und bei Bedarf dem Schlaflabor zur Verfügung gestellt werden können.
Schulungskonzept des Arbeitskreises
Der Arbeitskreis für schlafassoziierte Atemstörungen sieht es als seine Aufgabe, Leitlinien für die ambulante Polygraphie (Stufe 2) zu erstellen und die entsprechende Schulung zu gewährleisten. Dies soll österreichweit verbindliche Qualitätsstandards in Aufzeichnung und Auswertung sicherstellen. Die Vergleichbarkeit unterschiedlicher ambulanter Messungen untereinander, wie auch mit stationären Schlaflabormessungen soll dadurch gesichert werden.
Ziel ist die Erreichung einheitlicher Standards sowie eines kontinuierlichen und konstruktiven Informationsflusses zwischen niedergelassenem Pneumologen und Schlaflabor auf der Basis vergleichbarer Befunde. Neue technische Möglichkeiten der Diagnostik w ie auch der Therapie (neue Beatmungsformen) erweitern den Einsatz der ambulanten Polygraphie und erfordern spezifische Kenntnisse der Anwender. Eine strukturierte Schulung ist unerlässlich.
Im Sinne der Qualitätssicherung gilt aus Sicht der wissenschaftlichen Gesellschaft der Nachweis der Ausbildung (Schulungsprogramm des Arbeitskreises bzw. der ÖGP) als Mindestanforderung für die Refundierung einer Leistung
Die Schulung umfasst 3 getrennte Einheiten (2 Schulungsblöcke zu je 8 Stunden, 1 weiterer Block in Form praktischer Tätigkeit):
1) Allgemeine schlafmedizinische Grundlagen
Differentialdiagnostik schlafassoziierter Atemstörungen
Grundsätzliches zur nächtlichen Atemüberwachung
2) Gerätesysteme, Technik, Sensoren, Messvorgang
CPAP-/BiPAP-Geräte, Prinzipien der Beatmung
3) Auswertung, Fallbesprechung, praktischer Teil mit selbständiger Auswertung
Block 1 - Schlafmedizinische Grundlagen
a) Anamnese, Fragebogen
b) Differentialdiagnostik schlafassoziierter Atemstörungen, mögliche andere Erkrankungen
c) Zusatzdiagnostik (HNO, Internist, Neurologe)
d) Definition von Apnoe, Hypopnoe, Entsättigung
e) Lagebezogene Ereignisse, Cheyne - Stokes - Atmung
f) Definition der einzelnen Apnoen (obstruktiv, gemischt, zentral)
g) Definition von AHI/RDI, Bewertung der 02- Entsättigungen
h) Definition von leichtem, mittlerem, schwerem OSAS
i) Bewertung
j) Besprechung von Mehrkanalableitungen
k) Fragestellungen, Zuweisungskriterien, Konsequenzen
l) Artefakte
Block 2
In diesem Teil werden einerseits technische Kriterien und Fragestellungen bzgl. Aufzeichnungsgeräten und CPAP-/BiPAP-Geräten, andererseits praktische Übungen zusammengefasst:
a) Vorstellung der Diagnosegeräte
b) Besprechung unterschiedlicher Software und ev. Fehler
c) Richtige Anlagetechnik
d) Datenbankerstellung
e) Besprechung der gängigen CPAP-/BiPAP - Geräte
f) Ablesen der Compliancedaten und Interpretation
g) Präsentation der gängigen Masken, Kopfhalterungen und Ausatemsysteme
h) Maskenprobleme
i ) Befeuchter
j) Praktische Übungen in Einzel- und Gruppenarbeit am PC mit unterschiedlichen
Aufzeichnungssystemen - Software, Fallbeispiele, Fragen. Eingehend behandelt
werden Probleme und Pitfalls.
Mit dem abgeschlossenen 2. Schulungsblock wird eine Bestätigung über die erfolgreiche Teilnahme an Block 1 und 2 ausgestellt.
Block 3
Dieser Teil hat innerhalb 18 Monaten nach Block 2 zu erfolgen und umfaßt verpflichtend die selbständige Anwendung der vermittelten Inhalte in der Ordination. (Messung, Interpretation von Rohdaten, Gesamtergebnis und Entscheidung zu weiterem Vorgehen) .
Eine Überprüfung der gesammelten Befunde erfolgt durch Personen, die ausreichende Kenntnis und Erfahrung auf dem Gebiet schlafassoziierter Atemstörungen aufweisen. Hier stellen sich Mitglieder des Arbeitskreises zur Verfügung. Zur Erlangung eines endgült ig positiven Kursabschlusses werden 50 Aufzeichnungen und Befundungen vom Schlaflabor- bzw. Kursleiter bewertet.
In einem abschließenden Treffen werden Problempatienten und komplizierte Fragestellungen diskutiert, ein Ausbildungsnachweis der ÖGP wird ausgegeben.
Update-Kurse (4 Stunden) werden alle 3 Jahre durchgeführt.
Prof. Dr. med. O. Wieser
Epidemiologie und Ätiologie:
Die cystische Fibrose (CF) ist eine angeborene Erkrankung.
Sie stellt beim Erwachsenen außer bei seltenen abortiven Formen kein diagnostisches, sondern ein therapeutisches Problem dar. Die Erkrankung ist in unseren Breiten relativ häufig, sie betrifft einen Einwohner auf 1.600 bis 2000 Einwohner (jedoch nur 1:17 .000 Afrikaner und 1:80.000 Chinesen). Bei uns ist jedoch jeder Zwanzigste Träger einer CF-Mutation. Dabei handelt es sich um eine autosomal rezessiv vererbte Erkrankung, einer Mutation im Bereich des langen Arms des Chromosoms 7. Durch fehlerhafte Kodie rung eines Ionenkanals wird die Chloridsekretion und damit der Flüssigkeitsgehalt des Bronchialsekrets, der Gallenflüssigkeit, der Bauchspeichelflüssigkeit und des Sperma vermindert, die Sekrete dicken ein und verstopfen die Drüsen und die Ausführungskan äle . Der Nachweis der Salzkonzentration im Schweiß führt zur Diagnose beim Betroffenen: Natrium und Chlorid bis 60 mmol/l bzw. 50 mmol/l gelten als normal, der Mittelwert bei CF beträgt 90 mmol/l. Die große Anzahl der Mutationen, es sind mehr als 800, m acht die DNA-Analyse bei nicht phänotypisch Betroffenen so schwierig. Der lebensqualitätsmindernde und schließlich lebensbedrohende Umstand ist vor allem das veränderte Bronchialsekret: es kommt zu dauerndem Husten durch das zähe, schwer abhustbare Sekre t, Sekretstau, wiederholten Infekten des Bronchialsystems mit Bronchitis, Atelektasen, Lungenentzündungen, Lungenabszessen, Bronchiektasen, Pneumothorax. Die Beeinträchtigung der Verdauung durch den Mangel an den Verdauungsenzymen führt zu Mangel- und Un terernährung. Früher war die Erkrankung eine Domäne der Kinderärzte.
Die Verbesserung der Lebensaussichten durch die Erkenntnisse einer modernen angepassten Ernährung, strikte Hygiene und moderne Antibiotika führt die nun Erwachsenen CF-Patienten immer häufiger zum Lungenfacharzt.
Auch der Staat hat sich dem Problem der CF-Patienten angenommen.
Klinik:
Bereits 15% der CF-Neugeborenen leiden in den ersten 24 h ihres Lebens durch die Eindickung des Darminhaltes an einem Mekoniumileus.
Später kommen dann Gedeihstörungen, Husten, Infekte der Lunge mit Lungeninfiltraten, Nasenpolypen, Sinusitiden etc. dazu. Nur 7% der Betroffenen haben eine leichte abortive Form, die oft erst vom Lungenfacharzt nach dem 18. Lebensjahr entdeckt wird.
Das zweite Problem betrifft den Gastrointestinaltrakt.
Das Fehlen von NaHCO³ und Wasser führt in der Bauchspeicheldrüse zur Zerstörung der exokrinen Drüsen und damit zum Fehlen der Verdauungsenzyme. Das gleiche Problem führt in der Leber und Galle zur Eindickung der Gallenflüssigkeit und entsprechenden Kompl ikationen. Der Stuhl riecht faulig. Urogenitalsystem:
Durch die Gedeihstörungen kommt es zu einer verspäteten Pubertät, 20% der Frauen sind infertil, der eingedickte Cervixschleim verhindert die Spermienwanderung in den Uterus. Trotzdem haben 90% der Frauen mit CF, wenn sie Kinder be kommen, normale lebensfähige Kinder, die sie auch normal stillen können. 95% der Männer leiden an einer Azospermie.
Therapie:
Therapie der Lunge:
An erster Stelle steht die Hygiene, da sich das eingedickte Bronchialsekret leicht infiziert. Zur Entfernung des Schleims müssen mehrmals täglich Atemübungen, Thoraxklopfmassagen mit Oberkörper-Tieflagerung durchgeführt werden. Unterstützend sind Inhalat ionen mit 3-7% Kochsalz, Flutterventilatmung, frühzeitiger Einsatz von Antibiotika bei Infekten. Verschiedene Substanzen sollen den zähen Schleim verflüssigen, der Wert ist teilweise umstritten: manchen helfen DNAse, Nucleotide basierende Verbindungen et c. Bei Bronchospasmus müssen Adrenalinabkömmlinge (Sympatikomimetika) und Anticholinergica vorwiegend mittels Tascheninhalatoren eingesetzt werden. Inhalierte Steroide helfen bei Entzündungen und Allergien (bei CF vorwiegend bei Infektion mit allergisier ender Aspergillose). Erwachsenen CF-Patienten helfen auch NSAR zur Entzündungsbekämpfung. Schwerere pulmonale Komplikationen erfordern stationäre Behandlung: Atelektasen, Pneumonien, Pneumothorax, Hämoptoe bei Bronchiektasen etc. Bei Eingriffen am Thorax (z. Bsp. Bülaudrainagen) muss im Hinblick auf eine später eventuell nötige Lungentransplantation mit äußerster Vorsicht vorgegangen werden. Therapie des Gastrointestinaltraktes:
An vorderster Stelle steht die Zufuhr einer geeigneten leicht verdaulichen Nahrung und viel Flüssigkeit, Zusätze von Pankreasenzymen und fettlöslichen Vitaminen (A,E,K). Der häufig durch die Zerstörung der Bauchspeicheldrüse auftretenden Diabetes mellitu s I ist meist insulinbedürftig. Bei Obstipation helfen Lactulose, Salzlösungen mit Propylenglycol. Vorsicht ist wegen der erhöhten Malignität von Darmerkrankungen geboten. Über Lebertransplantationen wegen der eingedickten Galleflüssigkeit und deren Folg en wurde berichtet. Psychologische Probleme:
In den ersten Lebensjahren sind die pflegenden Eltern besonders betroffen und erfordern Unterstützung durch Fachkräfte.
In späteren Jahren kommen Probleme auf die Betroffenen selbst zu mit Sorgen bei der Berufswahl, Karriereaussichten, Familienplanung, Versicherungen.
Der Staat unterstützt die pflegenden Eltern mit einem Pflegegeld. Dieses wird aber mit Erreichen des 18. Lebensjahres gestrichen, was oft zu Einsprüchen auch vor Gericht führt.
Daher ist bei den Betroffen selbst eine psychosoziale Betreuung nötig.
Selbsthilfegruppen:
In Kärnten besteht es eine Selbsthilfegruppe für CF-Patienten in Klagenfurt.
Hier gibt es das Problem, dass die Anreisewege zu den Treffen oft weit sind und z. Bsp. alleinerziehende Mütter nicht immer Babysitter finden oder bezahlen können.
Selbsthilfegruppen sind sowohl für den Erfahrungsaustausch als auch als psychisch wertvolle Gesprächsbasis sowohl für pflegende Eltern als auch für Betroffene selbst wichtig.
Prof. Dr. med. O. Wieser, Internist und Lungenfacharzt.
Klagenfurt, Karfreitstraße 14.
Tel & Fax: 0463/512363
Email: olaf.wieser@uni-klu.ac.at.
Literatur beim Verfasser.